Armenische Volksgeschichte
Der König und der Weber
Lebenserfahrung ist oft wertvoller als Theorien aus Büchern. Manchmal kann sogar ein armer Weber klüger sein als die Weisen am königlichen Hof, die für ihre Dienste großzügig bezahlt werden.
Es lebten einst ein König und seine drei Söhne Peter, Johannes und Josef.
Sie lebten glücklich zusammen im königlichen Palast, aber eines Tages wurde der alte König krank. Er lud Heiler aus der ganzen Welt ein, aber niemand konnte ihm helfen. Und sein Augenlicht wurde immer schlechter. Er war schon fast blind, als ein Heiler aus dem Fernen Osten seinen Hof besuchte und dem König sagte, es gäbe nur ein Heilmittel für ihn: einen Trank aus Olivenblüten. Als der König ihn hörte, dankte er dem Weisen und belohnte ihn mit einem Pfund Gold. Zuerst war der König überglücklich – bis er bemerkte, dass in seinem Königreich keine Olivenbäume wuchsen. Er rief nach seinen drei Söhnen und bat sie, Olivenblüten für seinen Trank zu finden.
Der älteste Sohn trat an seinen Vater heran und sagte: „Wie du möchtest. Ich werde die Olivenblüten für dich suchen. Aber durch die Welt zu wandern kostet mich ein Vermögen. Gib mir deshalb meinen Teil des Erbes, das mir zusteht, und ich mache mich auf den Weg.“
Er reiste weit und lange. Wochen und Monate waren vergangen, aber er sah keinen einzigen Olivenbaum. Als er durch die Welt streifte, traf er eines Tages eine kleine, alte Frau. Sie sagte zu ihm: „Bitte, gütiger Herr, geben Sie mir ein oder zwei Münzen oder teilen Sie mit mir ein wenig von Ihrem Essen? Ich habe zwei Tage lang nichts gegessen.“ Aber Peter hatte kein gutes Herz. Das Einzige, was er ihr gab, war ein böser Blick und dann ging er einfach weiter. Er ging wochenlang, doch fand er keine Olivenbäume.
Die Zeit verging und der König wurde immer unruhiger und verärgerter. Er rief nach dem mittleren Sohn, Johannes, und bat ihn ebenfalls, Olivenblüten für ihn zu suchen. Aber auch der zweite Sohn bat um sein…