Armenische Volksgeschichte
Der König und der Weber
Lebenserfahrung ist oft wertvoller als Theorien aus Büchern. Manchmal kann sogar ein armer Weber klüger sein als die Weisen am königlichen Hof, die für ihre Dienste großzügig bezahlt werden.
Dies ist eine Geschichte, in der sich dank der Geduld und des Glaubens der kleinen großen Heldin alles zum Guten wendet. Als ein König beschließt, einem seiner drei Söhne sein Reich zu übergeben, schickt er sie los, damit sie eine tüchtige Braut heimbringen. Aber der jüngste Sohn verlobt sich mit einer kleinen grauen Maus und ist sich gar nicht sicher, ob diese die Aufgaben erfüllen kann, die sein Vater seinen zukünftigen Schwiegertöchtern gestellt hat.
Es war einmal ein alter König, der hatte drei faule Söhne. Als Kinder lagen sie nur auf der faulen Haut, gähnten und waren ausgesprochen arbeitsscheu. Aus den Kindern wurden aber schließlich Männer und es kam die Zeit zu heiraten und eine Familie zu gründen, die sie dann auch versorgen mussten.
Aber die Brüder fühlten sich zu Hause sehr wohl und hatten es deswegen nicht eilig, eine Braut zu suchen. Wozu auch? Ihre Dienerschaft umsorgte sie von morgens bis abends und las ihnen jeden Wunsch von den Augen ab.
Eines Tages wurde der König aber sehr zornig und rief die Söhne zu sich. Er hielt drei Zweige hoch und sprach zu ihnen: „Seht ihr die drei Zweige hier in meiner Hand? Ich werde sie in verschiedene Richtungen werfen und jeder von euch begibt sich dann auf die Suche nach seiner Frau; in die Richtung, in die ich den Zweig werfe. Derjenige, der das tüchtigste Mädchen findet, bekommt die Hälfte meines Königreichs.“
Dem ältesten Bruder fiel der Zweig in die Richtung eines großen Bauernhofs. Und so begab sich dieser zu dem reichen Bauern, um bei ihm um die Hand seiner Tochter anzuhalten.
Der Zweig des zweiten Bruders flog zu einem Bauernhaus. Und so begab sich dieser zu dem alten Bauern, um bei ihm um die Hand seiner Tochter anzuhalten.
Beide Brüder hatten Erfolg bei der Brautwerbung, denn schließlich waren sie ja Königssöhne!
Der jüngste Sohn musste seinen Zweig im Gebüsch am Waldrand suchen. Er begab sich also dorthin, um ebenfalls eine Braut zu finden. Der Forstweg führte ihn durch dichten Wald bis zu einem kleinem Häuslein, das sich unter einer großen Kiefer befand. Er öffnete eine alte, niedrige Tür und musste sich tief beugen, um hindurchzukommen. In dem Häuschen war aber niemand. Nur eine kleine graue Maus…