Der Himmel war wolkenverhangen und es blies ein eisiger Wind. Der Winter stand vor der Tür. Alle Zugvögel waren in den Süden geflogen, wo sie in den wärmeren Ländern auf den Frühling warteten. Nur ein kleines Rotkehlchen war zurückgeblieben. Es hatte einen gebrochenen Flügel und konnte nicht fliegen. Was sollte es nur tun?
Das Rotkehlchen sah sich besorgt um. Würde es wohl ein Plätzchen finden, um sich aufzuwärmen? Der Wind blies so sehr, dass es vor Kälte zitterte.
Da sah es in der Ferne die ausladenden Baumkronen am Waldesrand.
„Diese buschigen Bäume könnten mich auch in der klirrenden Kälte wärmen“, sagte es sich. Langsam hüpfte es zu den Bäumen und bewegte dabei vorsichtig sein gebrochenes Flügelchen.
Der erste Baum, zu dem es kam, war eine schlanke Silberbirke.
„Schwester Birke“, bat das Rotkehlchen, „könnte ich in deiner Krone wohnen, bis der Frühling kommt? Ich habe einen gebrochenen Flügel und mir ist so kalt!“
Die Birke schüttelte sich verächtlich. „Ich muss mich im Winter um meine Zweige kümmern, nicht um Federvieh wie dich. Mach, dass du wegkommst!“
Das arme Rotkehlchen begab sich zum nächsten Baum, einer mächtigen alten Eiche.
„Bruder Eiche”, fragte der kleine Vogel ehrfürchtig, „könnte ich vielleicht bis zum Januar in deiner Krone unterkommen?“
„Damit du mir meine Eicheln wegfressen kannst?“, erzürnte sich die eingebildete Eiche. „Nicht mal im Traum. Geh mir aus den Augen!“
Das Rotkehlchen hüpfte seufzend weiter, bis es zur Weide am Bachufer kam.
„Tante Weide, könnte ich mich im Winter bitte in deine Krone kuscheln?“
„Mit Fremden spreche ich nicht“, rief die Weide und blieb dann einfach stumm.
Das arme Rotkehlchen wusste nicht mehr, wohin. Da hörte es auf einmal die Stimme einer hohen Fichte:
„Wohin des Weges, kleiner Vogel?“
„Das weiß ich selbst nicht”, zwitscherte das Rotkehlchen.…