Frau Edith trug einen schweren Eimer voller Seifenwasser die Stufen bis ins vierte Stockwerk hinauf. Und das gefühlt schon zum hundertsten Mal! Denn einige Kinder haben aus unerfindlichen Gründen aufgehört, Hausschuhe zu tragen. Deshalb kann man nun, da der Winter langsam in den Frühling übergeht, die Straßen nass und schlammig sind und auf den Fußwegen noch Reste von Streusalz liegen, kaum noch trockenen Fußes durch den Schulflur gelangen. Frau Edith erschien ihre Arbeit schon seit Monaten einfach unendlich.
„Vorsicht!“, erklang es plötzlich und Frau Edith konnte gerade noch zur Seite springen, damit der eilende Siebtklässler sie nicht umrannte. Und das nicht zum ersten Mal. Frau Edith ließ ihn vorbei und seufzte nur.
Als sie den Gang gewischt hatte, machte sie mit den Klassenzimmern weiter. Wie immer fand sie am Boden zerknülltes Papier, in den Schulbänken versteckte angeknabberte Äpfel, auf der Unterseite der Stühle festgeklebte Kaugummis und im Waschbecken den tropfnassen, schmutzigen Tafelschwamm.
Ihre Arbeit als Putzfrau mochte sie gern, obwohl sie wusste, dass sie dafür von einigen Kindern von oben herab angesehen oder sogar völlig ignoriert wurde. Anfangs tat ihr das leid, doch schlussendlich lernte sie, einfach nicht darauf zu achten. In ihrem Leben hatte sie schon viele unterschiedliche Berufe ausgeübt. Sie war Verkäuferin in einem Bekleidungsgeschäft gewesen, hatte in einem Büro am Computer gearbeitet, Gäste an einer Hotelrezeption begrüßt und einem Tierarzt in seiner Praxis geholfen. Und eigentlich müsste sie gar nicht mehr arbeiten. Doch sie hatte keine Lust, nur zu Hause herumzusitzen. Beim Putzen und Aufräumen konnte sie viel besser nachdenken oder singen und hatte ein wenig Bewegung.
Jetzt aber war Freitagnachmittag, Frau Edith hatte die ganze Woche über widerlichen Straßenmatsch beseitigt und war nun nur noch müde. Sie hatte keine Lust mehr zu singen. Zum Glück war sie endlich mit…